CSA Interview Reihe- Rafael Fuchsgruber

  1. Lieber Rafael, du giltst als der erfolgreichste deutsche Extremläufer in den Wüsten dieser Welt. Grade erst lief in der ARD der 90 minütige Film über deinen 1000 km Rekordlauf durch die Wüste Namibias, den du zusammen mit deiner Frau Tanja absolviert hast. Was hat sich dadurch verändert?

Allein der Entschluss dazu hatte im Vorfeld schon viel verändert. Ich bin Inhaber einer Konzertagentur und im März 2020 stand in unserem Business auf einmal alles still und auch die Vorträge brachen weg. Aus voller Fahrt ging es von einem Tag auf den anderen in den Nullzustand. Es kam eine emotionale Krise. Ich weiß, wie man aus Niederlagen wieder ins Handeln kommt – Lebenserfahrung. Ich brauchte neue Ziele…frei nach dem Zitat des Psychologen Steve de Shazer: „Ziele sind wie Lokomotiven, die ihre Lösungen hinter sich herziehen“. Ich begann eine Ausbildung zum systemischen Coach (INeKO a.d. Universität Köln). Daneben wollte ich aber auch noch etwas Pragmatischen, Physisches als Orientierung. Ich fuhr nach Südfrankreich, um an einem neuem Buch und Ideen zu arbeiten. Dort kam mir der Gedanke mit Tanja zusammen auf unserem 100. gemeinsamen Geburtstag (40+60) die Strecke von 1.000 km durch die Namib Wüste zu laufen. Im ersten Moment ein Zahlenspiel – wie weit 1.000 km sind, wurde mir erst später klar (grins). Tanja war happy, dass es mir wieder besser ging, hatte aber insgeheim wohl die Hoffnung, dass das vorbeigeht und wir stattdessen eine große, gepflegte Gartenparty bei uns auf dem Hof machen würden. Es folgten neun Monate intensive Vorbereitung des Abenteuers. Es brauchte Drohnenflugerlaubnisse, Genehmigungen zum Filmen und Laufen in Nationalparks, Arbeitsgenehmigungen für das TV Team aus Deutschland, unseren Doc aus Frankreich und natürlich auch ein Team aus Namibia, dass sich mit der Wüste auskennt. Ich war wieder in meinem Element – ich organisiere für mein Leben gerne Veranstaltungen.

Im Mai 2021 standen wir in Namibia an der Startlinie und sind die 1.000 km in 17 Tagen durchgelaufen. Wüste, Hitze, Sand, wilde Tiere und viel Gegenwind. Wir haben es geschafft – ein Rekord. Noch nie ist eine deutsche Läuferin oder ein Läufer gesamt 1.043 km durch eine Wüste gelaufen und weltweit noch nie ein Paar. Dieses Abenteuer hat uns weiter gebracht.

Zu deiner Fragen nach Veränderungen: Veränderungen passieren ja nicht einfach Dienstagnachmittag um 16.30 – wie wir alle wissen. Es kam über die Monate, dass wir zum Thema Geduld und Umgang mit schwierigen Situationen viel toleranter und entspannter wurden…in unserer Beziehung aber fast noch mehr im täglichen Leben und im Business. Ich gehe heute in Projekte mit viel positiver Geduld und wenn es in einem Meeting mal wieder heißt:

„Wir steuern da auf ein riesiges Problem zu…“ dann erinnere ich mich in die Zukunft. Ich denke an große Aufgaben, die ich erfolgreich gemeistert habe (z.B. Namibia) und baue dieses Wissen in die aktuellen Projekte ein. Wenn es passt, bringe ich dieses „Erinnern in die Zukunft“ auch im Call oder Meeting als Beispiel, denn wir erreichen unsere Ziele immer, wenn wir uns intensiv darum kümmern.

  1. Du gehst mit großer Neugier an Veränderungen heran. Wie schaffst du es, nach Niederlagen wieder ins Handeln zu kommen?

Aus Niederlagen, Trauer oder Liebesschmerz ist sehr viel Schönes entstanden – große Veränderungen/Projekte, die besten Songs und die schönsten Gedichte. Das Leiden bringt sehr viel mehr Kreatives in uns zum Arbeiten; mehr als die satte Komfortzone.

Das Thema der neuen Ziele, der Perspektivwechsel ist meins. In der Theorie sind die Bibliotheken dieser Welt voll mit Wissen dazu. Mir geht es um den Pragmatismus in der Anwendung dieser Ressourcen. Extremsport ist hart – Business manchmal auch. Beides mache ich seit Jahrzehnten und kenne mich ein wenig aus. Ich bin jetzt zweimal um die Welt gelaufen, habe Rennen gewonnen und viele in den Top 3 gefinished…ich durfte viel erleben und ich durfte noch mehr lernen. Eins wurde mir in der Zeit klar: Einstellung, Zielfokussierung und mentales Training sind bei allen Spitzensportlern (ich meine jetzt die Richtigen) fester Bestandteil der Routines. Kein Sportler würde diese Tools einsetzen, wenn sie nicht messbaren Erfolg bringen. Es gibt wirkungsvolle Transfers aus dem Sport, die im Beruf oder im täglichen Leben greifen: Selbstwirksamkeit, Zielformulierung, Resilienz und letztendlich die Zielerreichung.

  1. Gibt es schon neue Projekte, die du in Planung hast?

Immer! Ziele sind wie Lokomotiven…Ich arbeite an einem Laufprojekt zur Durchquerung eines sehr aufregenden Kontinents. More to come soon….

 

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